30.12.06

Die Erbschaftssteuer stirbt von selber.

Es gibt Wahlversprechen, die man einfach durch Untätigkeit einhalten kann. Die ÖVP scheint nun in eine derartige komfortable Situation zu kommen: Sie hatte im Wahlkampf die Abschaffung der Erbschaftsteuer gefordert - und wenn nicht alles täuscht, braucht es gar keinen Gesetzgeber, der die bei den Besitzenden ungeliebte Steuer streichen würde.

Das macht schon der Verfassungsgerichtshof.
Dass die Höchstrichter die Prüfung der Erbschaftssteuer ausgedehnt haben, sehen Experten wie der Finanzrechtler Werner Doralt als ein Indiz dafür an, dass sie das ganze Gesetz aufzuheben gedenken, weil darin noch mehr verfassungsrechtlich ungereimte Bestimmungen stecken. Ist es sachgerecht, einen wertvollen Teppich, der auf dem Boden liegt, als einfachen Hausrat von der Steuer zu befreien - denselben Teppich aber, wenn er vom Erblasser zusammengerollt oder zur Zierde an die Wand gehängt wurde, als Sammlerstück voll zu versteuern?

Und sollte nicht jeder, der einen Barock- oder auch nur Bauernschrank sein Eigen nennt, sicherheitshalber ein paar Unterhosen hineinschlichten, damit das gute Stück später auch zweifels- und vor allem taxfrei als Hausrat begünstigt ist? Ist alles Grundvermögen wirklich gleich zu betrachten, ob es sich nun um einen Bergwald oder einen Bauplatz am Stadtrand handelt - und ist das wiederum das Gleiche wie bewegliches Vermögen, das die lieben Erben gleich zu Geld machen können? Falls das alles nicht ohnehin steuerschonend in eine eigens zum Zweck der Steuerschonung errichtete Stiftung eingebracht worden ist.

Der Verfassungsgerichtshof zweifelt - und wird daher mit großer Wahrscheinlichkeit das gesamte Gesetz aufheben.

Will der Gesetzgeber, dass es auch weiterhin eine Erbschaftsteuer gibt, müsste er die bisherige Regelung mit verfassungsgebender Zweidrittelmehrheit neu beschließen oder ein neues Erbschaftssteuergesetz beschließen - was beides nur mit den Stimmen der ÖVP ginge. Und diese braucht bloß nichts zu tun - schon hätte sie ihr Wahlversprechen gehalten.

27.12.06

Ein Sechzehntel der Legislaturperiode ist ganz kommod vergangen

Ist es wirklich so wichtig, dass das Kabinett Gusenbauer I am 11. Jänner angelobt wird? Oder zwei Tage später? Nein, das wäre ein Samstag. Also dann: vielleicht eine Woche später. Oder so - ist ja irgendwie eh wurscht, heißt es in der ÖVP. Wichtig ist ja nicht der Termin, sondern das Ergebnis. Da wird man doch, bitte sehr, Verständnis haben. Von der Hofburg bis hinunter zu den Stammtischen.Aus deren Perspektive hat sich ja nicht viel geändert seit dem 1. Oktober: Der Bundeskanzler heißt Wolfgang Schüssel, wird Tag für Tag als solcher tituliert - während auch rund um die Koalitionsverhandlungen niemand von Alfred Gusenbauer als dem designierten Bundeskanzler spricht. Daraus schöpft die ÖVP Stärke und der Amtsinhaber wohl auch eine gewisse Befriedigung. Da ist jeder gewonnene Tag ein angenehmer Tag.

Und einer, der für das Ausloten künftiger Optionen genutzt werden kann. Mag sein, dass die schwarz-blau-orange Option derzeit nicht infrage kommt - aber das macht die Frage, was aus dem ÖVP-Chef wird, eher noch spannender: Da ihm Alfred Gusenbauer wohl kaum eine Teilzeit-Lösung am Ballhausplatz anbieten wird, muss für Schüssel ein adäquater Platz gefunden werden. Als Außenminister hat er sich schon früher bewährt, auch sonst gibt es kaum ein Fachministerium, das er nicht sofort übernehmen könnte - wäre da nicht das Manko, dass der Titel eben nur noch "Vizekanzler" und nicht mehr "Bundeskanzler" lauten würde. Reicht das einem Parteichef, der schon einmal mehr war? Bleibt er überhaupt Parteichef? Und wenn ja: Ist Schüssel nicht als erster Mann im ÖVP-Parlamentsklub (als dessen Chef er ja bis auf Weiteres gewählt wurde) besser dran als als zweiter Mann in der Regierung?

Derweil wird, wie bei den Rekruten im Bundesheer, auf den 11. Jänner hingezählt. Neue Lage: 15 Tage. Oder, wenn es nach der ÖVP geht: ein paar mehr. Ein Sechzehntel der Legislaturperiode ist auf diese Weise ganz kommod vergangen. (DER STANDARD, Printausgabe, 27.12.2006)

18.12.06

Der Eurofighter ist unsympathisch - und sonst?

Der Eurofighter ist offenbar allwettertauglich und einsatzfähig - was lange vehement bestritten wurde und nun Monat für Monat in vier Luftwaffen in der Praxis belegt wird. Dass die im kommenden Jahr für Österreich vorgesehenen Flugzeuge nicht die volle Kapazität bei der Bekämpfung von Bodenzielen haben werden, mag zwar manchen Militaristen verstimmen - aus dem Mund von Gegnern jeglicher Kampfflugzeugbeschaffung klingt der Hinweis auf einen solchen angeblichen Mangel aber wenig glaubwürdig.

Und dass die Auswahl des Fliegers (der unbestritten leistungsfähiger als seine Mitbewerber ist) zu Unrecht erfolgt wäre, hat sich bisher im Untersuchungsausschuss nicht erhärten lassen. Außenministerin Ursula Plassnik hatte daher in der Fernseh-"Pressestunde" alle Mühe, kein stärkeres Wort als "Dummheit" für die gegen den Eurofighter vorgebrachten Argumente zu verwenden. In der Sache hat sie wahrscheinlich Recht.

Aber darüber darf man nicht übersehen, dass es eben nicht um die Sache geht, sondern um Emotionen. Selbst wer all die guten, aber etwas komplizierten Argumente zur Notwendigkeit einer bewaffneten Luftraumsicherung, zur Auswahl eines geeigneten Geräts dafür und zu den Details der Einsatzplanung verstanden hat, wird den Eurofighter deshalb nicht mögen.

Seine Befürworter tun sich ja offenbar selbst schwer, positive Emotionen für das Kampfflugzeug zu entwickeln - und erst recht tun sie sich schwer, solche Emotionen anderen zu vermitteln. Der Eurofighter ist eben nicht sympathisch - dass andere Flugzeugtypen wohl auch nicht populärer wären, ist da nur ein geringer Trost. Denn es ändert nichts an der Aufgabe, dass in einer Demokratie die Regierenden dafür sorgen müssen, dass das von ihnen für notwendig gehaltene auch populär wird. (DER STANDARD-Printausgabe, 18.12.2006)