25.2.06

"Battle Group" hat nichts mit "betteln" zu tun...

Kriegführen mag keiner mehr, das Wort hat in den meisten europäischen Ländern einen unguten Klang. Man spricht lieber vom "Trennen von Streitparteien" und vom "Friedenerzwingen" - da klingt der Einsatz von Waffengewalt nicht so kriegerisch, da dient er ja einem höheren Ziel.
Dafür also werden europäische Soldaten ausgebildet. Für solche mit politisch korrekten Begriffen behübschte Einsätze werden sie bereitgehalten - in immer größeren Zahlen, denn um Streitparteien auseinander zu halten und Landstriche in mehr oder weniger fernen Weltgegenden zu befrieden, bedarf es eines massiven Einsatzes. Und mittendrin: schulterklopfend als gleichwertig (wenn auch mangels Nato-Mitgliedschaft nicht gleichrangig) gelobte Angehörige des österreichischen Bundesheeres. Sie sollen sich vermehrt an EU-Missionen beteiligen.
Wenn Verteidigungsminister Günther Platter in der übernächsten Woche seine Kollegen aus den anderen EU-Ländern zu einem informellen Treffen nach Innsbruck bittet, wird es vor allem darum gehen, den militärischen Arm Europas zu stärken. Im Gespräch mit dem STANDARD kommt Platter rasch auf den Punkt: Europa braucht die militärische Fähigkeit, Konfliktparteien zu trennen, Länder zu stabilisieren, Konflikten durch Truppenpräsenz vorzubeugen, Menschen aus Konfliktzonen zu evakuieren und bei der Wiederherstellung ziviler Strukturen zu helfen. Schon das so genannte "Headline-Goal 2003" sah vor, dass die EU stets bereit sein müsste, 60.000 Mann innerhalb von zwei Monaten aufzubieten und für ein Jahr in einen Einsatz zu schicken.
"Noch schnelleres Handeln, schnellere Beschlussfassung, schnellere Verlegbarkeit, Interoperabilität und Durchhaltefähigkeit" seien jetzt die Leitlinien der Streitkräfteentwicklung. Wenn sich Europa auf mehr als zwei internationalen Schauplätzen gleichzeitig engagieren müsse, würden die bisher verplanten 60.000 Mann nicht reichen; dann müssten bis zu 100.000 Soldaten bereit sein.
Der österreichischen EU-Präsidentschaft fällt zu, die Bereitschaft der anderen EU-Staaten für dieses "Headline Goal 2010" auszuloten. Wobei Österreich selbst relativ gut aufgestellt sei, weil bei uns die rechtlichen Fragen gut gelöst sind: Der 1998 beschlossene Artikel 23f der Bundesverfassung ist die Grundlage, die Beschlussfassung eines konkreten Einsatzes durch Regierung und Hauptausschuss des Nationalrats könnte innerhalb weniger Tage erfolgen.
Auch die Fähigkeit, an rasch verfügbaren Eingreiftruppen, den so genannten "Battle Groups", teilzunehmen, sei durch die Heeresreform gewährleistet. Hier müssen jeweils 1500 Mann gestellt werden, die innerhalb von fünf bis zehn Tagen in einen Einsatzraum verlegt werden können. Derzeit stehen dafür eine von Spanien geführte spanisch-italienisch-griechische Mittelmeer-Gruppe und eine deutsch-französische Kampfgruppe bereit. Unser österreichisches Bundesheer wird gemeinsam mit Tschechien und Deutschland 2011 oder 2012 eine Battle-Group in Bereitschaft halten.
"Wenn in der Verfassung festgelegt wird, auch bei friedensschaffenden Maßnahmen dabei zu sein, dann hat die Armee die Aufgabe, diese Fähigkeiten zu trainieren. Selbstverständlich ist es so, dass ein Soldat die Waffe in der Hand haben muss, wenn es gefordert ist," sagt Platter über die Aufgaben, die auch auf das Bundesheer zukommen können.
Langsam sickert also durch, dass dem Begriff "Battle Group" keineswegs ein Hörfehler zugrunde liegt. Er hat nicht etwa damit zu tun, dass unser Heer ständig um adäquate Ausrüstung "betteln" muss. Bei "Battle Groups" handelt es sich um ganz ernst zu nehmende Kampfverbände, die im Ernstfall in die Schlacht geschickt werden, um europäische Politik mit Waffengewalt zu vertreten. Das kann für Bundesheersoldaten im Ernstfall bedeuten, dass sie ziemlich plötzlich für Europa kämpfen müssen. Rechtlich ist das in Ordnung, schon 1998 wurde die Verfassung geändert, um solche Kampfeinsätze zu ermöglichen. Wirklich ins allgemeine Bewusstsein gesickert ist es allerdings nicht: Die meisten Österreicher glauben ja immer noch, dass Österreich derartig "immer während neutral" ist, dass es mit Krieg nie mehr etwas zu tun haben kann. Das könnte sich als Illusion erweisen.

20.2.06

Balkan ja, Kongo nein


Wann immer in den letzten Jahren Anfragen internationaler Organisationen gekommen sind, ob sich Österreich nicht an einer "friedenserhaltenden" oder "hunmanitären" Militärmission beteiligen möchte, wurde das Bundesheer dazu gedrängt. Oft von Politikern, die sich mit den Erfolgen solcher Missionen brüsten wollten und sich vor Ort dann in Szene gesetzt haben Verteidigungsminister Günther Platter erklärte nun im Gespräch mit dem STANDARD, dass sich Österreich bei Auslandseinsätzen auf bestimmte Regionen konzentrieren muss. Es sei "notwendig, ein eindeutiges Signal zu setzen, dass uns die Stabilität des Westbalkans besonders wichtig ist".
Ein "Mission-Hunting", bei dem man sich vordrängt, wann immer für irgendeine internationale Friedensmission Soldaten gesucht werden, würde dazu führen, dass sich Österreich verzettelt.
Aus diesem Grund käme es auch nicht infrage, dass Österreich bei einer allfälligen EU-Truppe für den Kongo mit einem gepanzerten Kontingent dabei wäre wie zuletzt in Afghanistan. Die EU wird voraussichtlich am Dienstag dieser Woche entscheiden, ob sie eine eigene Truppe zur Unterstützung der 18.500 im Kongo stationierten UN-Blauhelme entsendet. Als besonders problematisch gilt, dass die entsendeten europäischen Soldaten im afrikanischen Bürgerkriegsland im Ernstfall auch auf Kindersoldaten schießen müssten.