23.6.05

Bei der "Steuerfindung" sind die Politiker einfallsreicher als beim Sparen

Das Land Niederösterreich hat eine Steuer auf Handy-Masten beschlossen - Was kommt als nächstes?
Haben wir eigentlich schon eine Bit-Steuer auf die Datenmengen, die wir täglich aus dem Internet herunterladen? Eine Handysteuer ist, wenn auch vorläufig nur in Niederösterreich und bis auf Widerruf durch die Bundesregierung, beschlossen. Aus der Strommastensteuer ist seinerzeit nichts geworden, aber der Besteuerungsobjekte gibt es ja genug - vielleicht probieren wir es demnächst mit einer Schnupfensteuer (die natürlich nicht von den Schneuztuchbenutzern, sondern von der Papierindustrie eingehoben werden müsste)? Oder mit einer kilometerabhängigen Gehsteuer? Die könnte man auf Schuhsohlen einheben, womit die Regierenden und die ihnen zuarbeitenden Beamten gleich eine umfangreiche Regelung ins Werk setzen könnten: Wer auf großem Fuß lebt, zahlt mehr; Kinderschuhsohlen wären abgabenbefreit; für Laufschuhsohlen gäbe es vielleicht (gesundheitspolitischer Lenkungseffekt!) einen Rabatt. Und wer bloß Hauspatschen kauft, würde ersatzweise mit einem Straßenschuhsohlenäquivalent belastet. Ja, noch etwas: Mit so einer Steuer könnte man die Billigschuhhändler im fernen China ärgern. Die überschwemmen bekanntlich unseren Markt mit Billigware und machen dem Schuhmacher am Eck (ist am Eck überhaupt noch ein Schuhmacher?) das Leben schwer - also: da könnte man doch einen Asien-Zuschlag und gegebenenfalls, für Liebhaber der flachen "Waldviertler"-Schuhe aus Schrems einen Waldviertel-Abschlag einführen. Das wäre wettbewerbswidrig? Ach wo! Mir san mir und lassen uns bei der Steuerfindung nicht dreinreden! Und so sind in den letzten Jahren Abgaben auf alles Mögliche und Unmögliche eingeführt (und je nach Finanzierungsbedarf in den Budgets erhöht) worden. Selten hört man, dass Steuern abgeschafft werden. Der damalige SPÖ-Finanzminister Hannes Androsch immerhin hat es in den siebziger Jahren werbewirksam mit der Streichung der Auto-Sondersteuer versucht. Es dauerte nicht lange, bis alternative Finanzierungsquellen aufgetan werden mussten - Luxussteuer hieß das damals. Immerhin ist das Streichen einer unliebsamen Steuer ein probates Mittel, um die jeweils eigene Anhängerschaft zu belohnen: So haben viele weinbautreibende Länder den Steuersatz bei der Weinsteuer auf null gesetzt. Dies zur Freude der Weinbauern und der Weintrinker und zum Ärger der Bierbrauer und Biertrinker, die mit der Biersteuer belastet werden. Und denen dann auch noch vorgeführt wurde, dass man die Schaumweinsteuer mit einem Federstrich abschaffen kann, wenn man will. Aber man will eben nicht. Sondern lieber neue Belastungen finden, auch wenn Fachleute sagen, dass diese so schon allein aus rechtlichen Gründen nicht eingeführt werden dürften. Nun muss man zugeben: Es gibt ein paar steuerliche Instrumente, die durchaus Sinn machen könnten - im ökologischen Bereich hat man ja Lenkungsabgaben immer wieder angedacht. Aber auch da fällt auf, dass die wirklich lenkungswirksamen, weil für den Einzelnen spürbaren Steuern - etwa eine progressiv steigende Treibstoffabgabe - nicht angegangen werden, während mit so abstrakten Dingen wie Emissionszertifikaten (die einen Handel mit heißer Luft bedeuten) ein aufwändiger Handel aufgezogen wird. Deshalb sind ja inzwischen auch jene, die Ökosteuern die längste Zeit befürwortet haben, inzwischen mehr als skeptisch geworden: Der Hinweis auf Lenkungswirkungen in Steuern ist - wie bei der Handy-Mastensteuer - oft nur eine Bemäntelung des Wunsches, ohne großen Widerstand mehr Geld in die öffentlichen Kassen zu spülen. Die blühende Fantasie, die Politiker beim Erfinden von neuen Steuerquellen entwickeln, wäre gut für einen besseren Zweck angelegt: Nämlich in Kritik an den öffentlichen Aufgaben, für die das Steuergeld - mit oder ohne Zweckbindung - verpulvert wird. Aber beim Sparen lässt die Fantasie rascher nach als bei der Steuerfindung. (Erstveröffentlichung in: Der Standard, 22. Juni 2005)