27.12.06

Ein Sechzehntel der Legislaturperiode ist ganz kommod vergangen

Ist es wirklich so wichtig, dass das Kabinett Gusenbauer I am 11. Jänner angelobt wird? Oder zwei Tage später? Nein, das wäre ein Samstag. Also dann: vielleicht eine Woche später. Oder so - ist ja irgendwie eh wurscht, heißt es in der ÖVP. Wichtig ist ja nicht der Termin, sondern das Ergebnis. Da wird man doch, bitte sehr, Verständnis haben. Von der Hofburg bis hinunter zu den Stammtischen.Aus deren Perspektive hat sich ja nicht viel geändert seit dem 1. Oktober: Der Bundeskanzler heißt Wolfgang Schüssel, wird Tag für Tag als solcher tituliert - während auch rund um die Koalitionsverhandlungen niemand von Alfred Gusenbauer als dem designierten Bundeskanzler spricht. Daraus schöpft die ÖVP Stärke und der Amtsinhaber wohl auch eine gewisse Befriedigung. Da ist jeder gewonnene Tag ein angenehmer Tag.

Und einer, der für das Ausloten künftiger Optionen genutzt werden kann. Mag sein, dass die schwarz-blau-orange Option derzeit nicht infrage kommt - aber das macht die Frage, was aus dem ÖVP-Chef wird, eher noch spannender: Da ihm Alfred Gusenbauer wohl kaum eine Teilzeit-Lösung am Ballhausplatz anbieten wird, muss für Schüssel ein adäquater Platz gefunden werden. Als Außenminister hat er sich schon früher bewährt, auch sonst gibt es kaum ein Fachministerium, das er nicht sofort übernehmen könnte - wäre da nicht das Manko, dass der Titel eben nur noch "Vizekanzler" und nicht mehr "Bundeskanzler" lauten würde. Reicht das einem Parteichef, der schon einmal mehr war? Bleibt er überhaupt Parteichef? Und wenn ja: Ist Schüssel nicht als erster Mann im ÖVP-Parlamentsklub (als dessen Chef er ja bis auf Weiteres gewählt wurde) besser dran als als zweiter Mann in der Regierung?

Derweil wird, wie bei den Rekruten im Bundesheer, auf den 11. Jänner hingezählt. Neue Lage: 15 Tage. Oder, wenn es nach der ÖVP geht: ein paar mehr. Ein Sechzehntel der Legislaturperiode ist auf diese Weise ganz kommod vergangen. (DER STANDARD, Printausgabe, 27.12.2006)