30.8.06

Schnell eine "Lex Kampusch"?

Alle Welt redet über Natascha Kampusch - und was tut die Politik? Eben. Wenn alle Aufmerksamkeit von einem so politikfernen Kriminalfall gebunden ist, muss sich doch irgendein Henkel finden lassen, doch noch Politik damit zu machen; zumal in Vorwahlzeiten.

Also her mit einer "Lex Kampusch"! Schnell, schnell ein Gesetz entworfen, damit die Öffentlichkeit nicht auf den Gedanken kommt, die Politik stünde teilnahmslos daneben, wenn eine jahrelang gefangen gehaltene junge Frau glücklich freikommt. Auf die Qualität eines solchen Gesetzes kommt es dabei nicht so sehr an, eher auf das Aufgreifen der Empörung: Wenn die Österreicher darüber staunen, dass der Entführer "nur" zehn Jahre Haft bekommen hätte, wird eben die Strafdrohung verschärft. So erscheint die Politik bürgernah, auch wenn die generalpräventive Wirkung gering sein dürfte: Wer ein Verbrechen wie jenes an Natascha plant, orientiert sich nicht am drohenden Strafmaß - im konkreten Fall hat der Täter offenbar die in Österreich abgeschaffte Todesstrafe für angemessen gehalten und sich schließlich selbst gerichtet. Abgeschreckt, das Verbrechen zu begehen, hat ihn diese eigene Einschätzung aber nicht.

In der Sache bringt es also nichts, wahlkampftauglich härtere Strafbestimmungen zu verlangen. Auf eine richtigere Spur führt das Inserat, mit dem die SPÖ (sympathischerweise ohne jede Aufdringlichkeit) zu Spenden für das Opfer aufgerufen hat. Wenn die Politik den Fall zum Anlass für gesetzgeberische Aktivität nehmen will, dann gehört der Blick zur Abwechslung weg von den bösen Tätern und hin zu den armen Opfern gelenkt. Zu Opfern, die häufig auch materiell arm sind, wenn Polizei und Strafjustiz mit den Tätern fertig sind. Sich ihrer anzunehmen, bringt allerdings kaum Stimmen.