10.5.06

Staunen über den Eurofighter-Vertrag

Ja, dürfen s' denn des? Das war die erste Frage, die sich die Länderkammer am Montag zu stellen hatte, als ihr Verteidigungsausschuss im Anschluss an die Nationalratssitzung zusammentrag. Unbestritten ist, dass der Bundesrat das Recht hat, zu fragen, was denn in dem Vertrag über die Beschaffung der Eurofighter genau drin steht.
Strittig ist, wie viel die Auskunftspersonen diesem sonst kaum beachteten Ausschuss des Bundesrats an Information vorenthalten dürfen. Dazu gibt es auch unter Verfassungsjuristen durchaus unterschiedliche Haltungen - Ex-Verfassungsgerichtshofpräsident Ludwig Adamovic und der Verfassungsprofessor Rudolf Thienel fassen das Amtsgeheimnis deutlich weiter als dessen Kollegen Bernd Christian Funk, Heinz Mayer und Theo Öhlinger, die als Auskunftspersonen geladen waren.
Wobei sogar strittig ist, welche Seite denn eigentlich die Vereinbarungen über die Geheimhaltung in den Vertrag reklamiert hat - sowohl Vertreter des Verkäufers als auch des Käufers haben jeweils das Interesse der anderen Seite an strikter Verschwiegenheit über die Details des Flugzeugkaufs angedeutet. Verteidigungsminister Platter stellte sich - gestützt auf die Rechtsmeinung Thienels - auf den Standpunkt, es gebe wirtschaftliche Interessen, die durchaus eine Verschwiegenheit rechtfertigten.
Die rot-grüne Bundesratsmehrheit interessierte in der ersten Sitzung des Verteidigungsausschusses zu diesem Thema vor allem ein Rundflug im Vertragsdickicht - der ihr allerdings auch von Eurofighter-Chef Aloysius Rauen nicht gewährt wurde. Offen ist:
  • Lässt sich eine Vertragsklausel finden, mit der ohne weitere Kosten aus dem Vertrag ausgestiegen werden kann? Bisher gilt, dass Österreich nur aus dem Kaufvertrag herauskann, wenn es alle bisher aufgelaufenen Kosten an die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH zurückzahlt - das würde neben den Kosten für die in Bau befindlichen Flugzeuge (die möglicherweise an Saudi Arabien weiterverkauft werden könnten) auch die Rückabwicklung der bereits in Schwung gekommenen Gegengeschäfte (Zielvolumen: vier Milliarden Euro oder 204 Prozent des Kaufpreises) bedeuten.
  • Lassen sich Belege dafür finden, dass der Deal wirklich der "unsinnigste Kauf aller Zeiten" (wie ihn Grünen-Bundesrat Stefan Schennach sieht) war oder es gar Unterschleife gegeben habe - beide Fragen hat der Rechnungshof bisher verneint.
Und dann kam, Überraschung, Überraschung! am Mittwochnachmittag die Vorausmeldung von News, dass es Details aus dem Kaufvertrag wüsste. Sie überraschen nur jene Oppositionspolitiker, die die von Eurofighter längst angebotenen Informationen nicht entgegennehmen wollten (kein Oppositionspolitiker fand es bisher der Mühe wert, sich vor Ort in Deutschland zu informieren):
  • Die Eurofighter haben nur ein Jahr Garantie. Der Luftfahrtexperte Georg Mader von Jane’s erklärt dazu, dass solche Garantiefristen (die erst nach Lieferung des letzten der 18 Flugzeuge zu laufen beginnen) nur im Consumer-Bereich kurz erscheinen, militärisch aber durchaus üblich sind.
  • Der Weiterverkauf der Flugzeuge ist nicht erlaubt - eine internationale Selbstverständlichkeit, weil es für Waffensystem-Lieferungen so genannte End-User-Zertifikate gibt.
  • Schließlich muss Österreich ab 2006 zahlen (auch wenn die Zahlungsziele bis 2007 gestreckt wurden, damit keine Zahlungen in dieser Legislaturperiode anfallen) - das hat wieder damit zu tun, dass sich Österreich mit der Konkretisierung des Liefervertrages ein Jahr (von Sommer 2002 bis Sommer 2003) Zeit gelassen hat.
Die Opposition tobt erwartungsgemäß. Wie sie schon getobt hat, als behauptet wurde, der Eurofighter könne gar nicht fliegen. Oder, als das unhaltbar war: Er könne zu gut fliegen. Nun lautet die Argumentation: Es ist viel zu teuer, aus dem Vertrag auszusteigen, gerade deshalb solle Österreich das tun...