1.3.05

Rezepte der Prohibition

Geht es nach den Vorstellungen des EU-Kommissars für Verbraucherschutz, Markos Kyprianou, wird man künftig einen Ausweis herzeigen müssen, wenn man ein Glas Wein bestellt. Und dass man Bier in jedem Lebensmittelgeschäft bekommen kann, ist dem Herrn Kommissar auch nicht recht: Während ganz Europa die Privatisierung der Unternehmen propagiert, schwebt ihm ein staatliches Alkoholmonopol wie in Schweden, Ontario oder Colorado vor. Höhere Steuern sowieso.
Ein bisserl klingt da die Sehnsucht nach der in den USA eineinhalb Jahrzehnte lang praktizierten Prohibition durch. Nach amerikanischem Vorbild soll es jungen Leuten verboten werden, Alkohol zu kaufen oder in Lokalen zu trinken. Na, da kann man sich ja auf etwas gefasst machen: Statt dass Jugendliche im Familien- und Freundeskreis, in gepflegten Gaststätten und unter der sozialen Kontrolle anderer Gäste den Umgang mit Alkohol lernen, werden sie in unkontrollierbare Privatzirkel gedrängt, wo dann eben konsumiert wird, was verfügbar ist.
Die Erfahrungen in den USA - dort liegt das "Legal Drinking Age" generell bei 21 Jahren, Herr Kyprianou peilt zunächst einmal "nur" 18 an - zeigen, dass es für Studenten leichter ist, an Drogen zu kommen als an Bier. Und dass junge Leute, die sich - mithilfe älterer Freunde - illegal Alkohol beschaffen, eben nicht zum Bier oder G'spritzten greifen, sondern zu möglichst hoch konzentriertem Schnaps. Der wirkt ja stärker.
Nun stimmt es, dass Alkohol eine Droge ist, deren Missbrauch gefährlich ist. Noch gefährlicher ist aber, sie aus der sozialen Kontrolle zu verdrängen. Junge Leute - dieselben, denen man gerne sexuelle Freizügigkeit und womöglich auch das Wahlrecht zugestehen will - müssen lernen können, mit der in unserer Kultur verankerten Droge Alkohol umzugehen.