17.2.05

Integriert ist, wer versteht

Im Standard habe ich heute einen Kommentar veröffentlicht, der für viel Diskussion - unter anderem einen sofortigen Kontra-Kommentar meiner Kollegin Lisa Nimmervoll - gesorgt hat:
"Ist es zu viel verlangt, wenn man von jemandem, der ein Auto lenken will, erst einmal fordert, in die Fahrschule zu gehen und dort die Regeln zu lernen? Natürlich nicht: Jeder sieht ein, dass man die Regeln und ihre Anwendung lernen muss - und dass man geprüft wird, bevor man den Führerschein bekommt.
Sonst kann man sich ins Verkehrssystem eben nicht integrieren - und dem, der Autofahren gelernt hat, nützt das letztlich selbst am meisten. Wenn derselbe Lernaufwand von Menschen verlangt wird, die sich nicht ins Verkehrssystem, sondern in das System unserer Gesellschaft integrieren wollen, wird sofort vermutet, dass so eine Forderung ja nur darauf abzielt, die armen Migrantinnen und Migranten zu schikanieren.
Das Gegenteil ist der Fall: Nur wer die Sprache seiner neuen Heimat beherrscht, hat Chancen auf beruflichen und sozialen Aufstieg. Und auf Integration: Denn die Gesellschaft, in die sich die neu nach Österreich gekommenen Menschen integrieren sollen, um womöglich eines Tages gute österreichische Staatsbürger zu werden, drückt ihre Ideen und Gefühle eben in deutscher Sprache aus. Diese Ideen und Gefühle annehmen oder verwerfen zu können setzt voraus, dass man sie überhaupt versteht. Das wissen natürlich auch die meisten Menschen, die sich hier niederlassen wollen. Wer es bei uns zu etwas bringen will, wer eines Tages vielleicht einer von uns werden will, lernt unsere Sprache gern und freiwillig.
Denen, die die Chance für das eigene Fortkommen noch nicht erkannt haben, kann ein gewisser Druck helfen. Und jene, die unbelehrbar sind, haben in unserem Land so wenig verloren wie Menschen ohne Führerschein hinter einem Lenkrad."