3.1.05

Lasst es euch gut gehen! In Thailand. Jetzt.

Der Betroffenheitsrhetorik zum Trotz: Die meisten österreichischen Familien sind keineswegs "betroffen" von der Katastrophe in Asien. Beeindruckt, das sind wir sicher alle - aber betroffen sind nur jene, deren engere Umgebung mittelbar oder unmittelbar Schaden genommen hat; also ein paar Tausend Österreicher, aber viele Hunderttausend Menschen in den Katastrophengebieten.
Menschen, die zum Teil vom Tourismus leben.
Allein in Phuket rechnet man, dass 10.000 Beschäftigte in der Hotelindustrie zu den Verlusten durch die Katastrophe auch noch den Verlust ihres Arbeitsplatzes und damit ihrer Lebensgrundlage verbuchen müssen. Dabei gibt es Bereiche, wo die touristische Infrastruktur innerhalb von Wochen wieder aufgebaut sein wird - oder wo sie gar nicht wirklich gelitten hat.
Dort könnte man also Urlaub machen. Dort könnte man Geld ausgeben, Arbeitsplätze erhalten und durch ganz konkretes Konsumverhalten zeigen, dass man die Menschen und ihre wirtschaftlichen Interessen ernst nimmt. Mit der Reise in ihr von der Naturkatastrophe ohnehin schwer getroffenes Land bietet man dem Kellner und dem Souvenirhändler, dem Taxifahrer und dem Nudelverkäufer eine Überlebensperspektive.
Es ist ja nicht so, dass sich irgendjemand vornimmt, nie wieder Urlaub zu machen. Sondern eben anderswo. Reisekonzerne kündigen die Hotels gleich pauschal - und lenken damit rund 550 Millionen Euro Touristikumsatz von Thailand weg in andere Regionen. Anstatt die mangelnde Sensibilität jener zu beklagen, die es sich in der Nachbarschaft der Katastrophe gut gehen lassen (und damit Geld in den Aufbau pumpen), sollte man die mangelnde Sensibilität jener hinterfragen, die den gebeutelten Gebieten auch noch die Geschäftsgrundlage entziehen.
(Der Standard, Printausgabe 4. Januar 2005)