24.1.05

Eine Ablöse, die nichts verbessert

Die FPÖ kann nicht vermitteln, dass sie zu kontinuierlicher Arbeit fähig ist - Ein Kommentar von Conrad Seidl

Betrachtet man es genau, ist der nun abgelöste Sozialminister Herbert Haupt ein schlechter Beleg für die Behauptung, dass die FPÖ dauernd ihre Spitzenleute austauschen müsse. Viele seiner Amtsvorgänger - nicht nur die glücklose Freiheitliche Elisabeth Sickl, sondern auch die SPÖ-Minister Walter Geppert und Franz Hums, Lore Hostasch und Gerhard Weißenberg - waren kürzer im Amt als Haupt, Josef Hesoun etwa gleich lang. Auch hat Haupt die Sozialgesetzgebung mehr geprägt als die meisten seiner Vorgänger, wenn auch das Ergebnis umstritten war und noch lange umstritten bleiben wird.
Aber man hat halt den Eindruck, dass bei der FPÖ keine Kontinuität herrscht und ruhiges, konsequentes Arbeiten nicht möglich wäre.
Noch schlimmer für den kleinen Koalitionspartner: Der FPÖ gelingt es nicht, bei Neubesetzungen zu signalisieren, dass es jetzt irgendwie besser würde. Ursula Haubner wird wohl eine ganz gute Sozialpolitikerin sein (wenigstens hat sie ja Erfahrung). So nebenbei wurde auch registriert, dass Karin Miklautsch ihre Sache als Justizministerin nicht gar so schlecht macht.
Na und? Das Allerschlimmste für eine Partei ist ja, dass es niemanden wirklich interessiert, wen sie an Schlüsselstellen setzt oder was die Herrschaften dort im Einzelnen machen. Erfolgreiche Arbeit traut man den freiheitlichen Vertretern in öffentlichen Funktionen ohnehin nicht mehr zu. Und dieses Misstrauen betrifft nicht nur die politische Konkurrenz (bei der fassungsloses Staunen die wütenden Proteste abgelöst hat). Es hat auch die verbliebene freiheitliche Wählerschaft und die eigenen Funktionäre, inzwischen schon fast identische Gruppen, erfasst.
In der FPÖ ist folglich eine Sinnkrise ausgebrochen: Längst fragen sich gerade die getreuesten Freiheitlichen, wofür ihre Partei eigentlich noch gut sein soll. Daher ist ja auch in den letzten Tagen versucht worden, irgendwie an die alten Themen anzuknüpfen, mit denen die FPÖ in den Achtziger- und Neunzigerjahren zu einer möglicherweise auch für die Beteiligten selbst beängstigenden Größe angewachsen ist. Die Klügeren in der Partei fragten schon damals bang, ob eine zur zweitstärksten Partei gewordene FPÖ die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllen könnte. Sie konnte es nicht.
Die Sozialpolitik, mit der sie sich gerne als legitime Nachfolgerin der SPÖ profilieren wollte - immerhin hatte die FPÖ 1999 die Mehrheit der Arbeiter für sich gewinnen können -, erwies sich als längst nicht attraktiv genug, um Wähler zu binden. Das hatte weniger mit der mangelnden Attraktivität des zuständigen Sozialministers zu tun, sondern vor allem mit dem Wechsel der Perspektive: Hatte die FPÖ unter Haider vor allem Forderungen - etwa für ein faireres Sozialsystem - erhoben, so musste sie in der Zeit ihrer Regierungsbeteiligung versuchen, das System wirklich fairer zu machen.
Selbst wenn ihr das gelungen sein sollte (was erst spätere Erfahrungen zeigen können): Beliebt konnte sie sich nicht machen. Also zurück zum Thema Sicherheit, mit dem sie seinerzeit punktete. Genau genommen: Sie hat mit der Behauptung von Unsicherheit gepunktet. Und jetzt, wo die Unsicherheit tatsächlich eingetreten ist, traut der FPÖ keiner mehr zu, etwas Sinnvolles dagegen zu unternehmen. Denn sie sitzt ja in jener Regierung, unter der die Kriminalität - und noch mehr die daraus resultierende Verunsicherung - gestiegen ist.
Was die FPÖ jetzt brauchen würde, wäre Vertrauen, dass sie es schon richtig machen wird. Dass sie Lösungen anzubieten hat, die über populistische Parolen - Gentests für Asylwerber - hinausgehen. Woher solches Vertrauen aber kommen soll? Am ehesten wäre es noch durch ein geschlossenes Bekenntnis zur gemeinsamen Arbeit wieder zu erlangen. Das immerhin hat beim Abgang von Herbert Haupt geklappt: Seine Partei verabschiedet ihn mit Lob und Dank. Die, die bleiben, müssen sich beides noch verdienen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.1.2005)