18.1.05

Plädoyer für eine Wehrersatzsteuer

Im Standard habe ich unter dem Titel "Sozialer Frondienst" auseinanderzusetzen versucht, dass Zivildienst immer mehr zu einer Ausbeutung von Wehrdienstverweigerern verkommt und als Alternative vorgeschlagen, dass alle, die keinen Wehrdienst leisten, über einen lebenslangen Zuschlag zu Einkommenssteuer und Sozialversicherungsbeiträgen leisten sollten. Hier der Volltext meines Kommentars:

"Zivildienst soll nach den Vorstellungen derer, die ihn regeln, offenbar mit viel persönlichem Leid verbunden sein: Nach der Abschaffung der inquisitorischen Befragung bei der "Gewissensprüfung" 1991 wurde die Dauer des Zivildienstes in möglichst prohibitiv wirkende Höhen geschraubt. Erklärtermaßen, damit nicht ganze Jahrgänge den Härten der soldatischen Ausbildung in den Wehrersatzdienst entfliehen.
Dabei wurde in Kauf genommen, dass der Staat jungen, wehrunwilligen Männern eine moderne Form des Frondienstes abverlangt: Mit extrem schlecht bezahlter und willkürlich auferlegter Arbeitszeit müssen sie eine Reihe sozialer Dienste unterstützen - und diese sind inzwischen so sehr auf die staatlich zugewiesenen Hilfskräfte angewiesen, dass zäh um jeden Tag Dienstzeit und um jeden Euro Entlohnung gerungen wird. Dabei hat sich das Umfeld in den letzten drei Jahrzehnten stark verändert: Seit geraumer Zeit ist es gerade das Bundesheer, das die Bedeutung der Zivildiener für das Sozialsystem betont, wenn wieder einmal eine Abschaffung der Wehrpflicht vorgeschlagen wird. Denn das Bundesheer braucht Rekruten, ebenso wie die Blaulichtorganisationen soziale Hilfsarbeiter brauchen.
Oder, wenn man näher hinsieht: Das Bundesheer braucht eigentlich professionell einsetzbare Soldaten und das Sozialsystem eigentlich professionelle Mitarbeiter. Was, wenn eines Tages die Wehrpflicht ausgesetzt werden sollte - und zumindest für Friedenszeiten ein Berufsheer geschaffen würde?
Alle Berechnungen zeigen, dass so ein Heer teurer würde und letztlich von denen bezahlt werden müsste, die nicht darin dienen: Die Lösung hieße Wehrersatzsteuer, die man der Gerechtigkeit halber auch als Zuschlag auf die Einkommen oder Sozialbeiträge jener erheben sollte, die es sich gerichtet haben und heute (etwa als Politiker) vollwertig arbeiten, obwohl sie untauglich waren. Aus den Erträgen jener Steuer könnte man dann auch vollwertige Arbeitskräfte in Sozialberufen bezahlen - und das unzeitgemäße Fronsystem im Zivildienst abschaffen. "
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.1.2005)