11.2.08

Fast eine Inflationsabgeltung


Heutzutage muss man sich ja schon beschimpfen lassen, wenn man verlangt, dass Arbeitnehmer am wirtschaftlichen Erfolg ihrer Unternehmen partizipieren sollen. Wenn's nach der Arbeitgeberseite ginge, gäbe es allenfalls eine Anpassung der Löhne und Gehälter an die Inflationsrate - langfristig ist auch das in den letzten Jahren kaum gelungen.
Nun waren also heute Kollektivvertragsverhandlungen - und ich als Verhandler für die kaufmännischen Angestellten der Tages- und Wochenzeitungen dabei. Das ist ohnehin eine schwächer werdende Gruppe, denn den Arbeitgebern hat es gefallen, große Gruppen der eigentlichen Verlagsangestellten in andere Kollektivverträge zu drängen, etwa in den deutlich schlechteren für Werbung und Marktkommunikation.
Im Vorfeld der Verhandlungen hatte ich (ziemlich zum Missfallen der Geschäftsführung des Standard, die das auf die konkret anstehenden Gespräche bezogen hatte) im Standard geschrieben: "Stärkere Ausschläge des Verbraucherpreisindex sind in der Vergangenheit immer wieder von den Gewerkschaften genutzt worden, um deutliche Lohn- und Gehaltsforderungen durchzusetzen. In den Jahren mit hohen Inflationsraten lagen die Abschlüsse oft sehr deutlich über der Teuerung und führten daher zu einer Umverteilung zugunsten der Arbeitnehmer. Diesen Mechanismus wird die Gewerkschaft wohl auch jetzt zur Umverteilung nutzen."
Kokret geht es ja nun darum, dass alle Welt über den außergewöhnlichen Anstieg des Verbraucherpreisindex (VPI) im Dezember 2007 (plus 3,6 Prozent) diskutiert.
Und wie viel können wir für die Kolleginnen und Kollegen tatsächlich herausholen? Nun muss man wissen, dass der VPI natürlich über das ganze Jahr betrachtet werden muss, da kommt man nur auf 2,2 Prozent.
Aber optisch stehen nun einmal die 3,6 Prozent als Messlatte da - und die Arbeitgeberseite will nicht über 3,2 Prozent hinaus. Wie man das löst? Mit einem Sockelbetrag: Mindestens 65 Euro soll die Erhöhung betragen, das konnten wir herausverhandlen. Und das heißt für die unteren Einkommensgruppen mehr als 3,5 Prozent. Immerhin fast das, was die "gefühlte" Inflation ausmacht.