30.7.07

Das Elend der ÖVP in den Ländern

Gerhard Hirschmann ist eigentlich schon vergessen - was er angerichtet hat, allerdings nicht. Der steirische Landespolitiker, der in der ÖVP erreicht hatte, was er erreichen konnte, hatte sich erst von Partei und Politik abgewendet und dann mit seinem Antreten bei der Landtagswahl 2005 dokumentiert, dass die Zeit der Waltraud Klasnic und ihrer steirischen ÖVP vorbei war. Nicht dass Hirschmann für sich selbst etwas erreicht hätte. Aber die ÖVP ist in der Steiermark wahrscheinlich für längere Zeit weg vom Fenster.
Immer wenn Menschen von Hirschmanns Loyalitätsverständnis in der ÖVP aufkommen, ist das ein Zeichen von Führungsschwäche. Derzeit ist es in Tirol so weit: Da holt sich der schwarze Arbeiterkammerpräsident Fritz Dinkhauser Applaus aus den (vor)städtischen Bereichen der gewerblich und industriell geprägten Tiroler Gemeinden.
Seine Parteiabspaltung kann sich darauf stützen, dass es zwischen dem Arbeitnehmerbund ÖAAB und dem Bauernbund, der für die Präsenz der ÖVP im ländlichen Raum sorgt, immer wieder Spannungen gegeben hat.
Dass dieser Konflikt aufbricht, liegt aber daran, dass die ÖVP-Führung nicht die Kraft hat, Abspalter zu neutralisieren.
Wie sollte sie auch? Landesparteichef und Landeshauptmann Herwig Van Staa hatte seinen politischen Höhenflug ja ebenfalls als Abspalter von der Innsbrucker ÖVP mit einer eigenen Liste begonnen. Dies allerdings erst, nachdem der seinerzeit noch mit Zweidrittelmehrheit regierende Landeschef (und Schwiegervater Van Staas) Eduard Wallnöfer verstorben war.
Es liegt offenbar in hohem Maße an den Personen, wenn die eine Landes-ÖVP Geschlossenheit und Disziplin, die andere aber mehr oder weniger deutliche Auflösungstendenzen zeigt. Es wäre aber eine unzulässige Verkürzung, einen autoritären Führungsstil als Erfolgsrezept für eine Landespartei auszugeben. Ein bisserl autoritär führt ohnehin jeder Landeshauptmann - aber dazu muss man es erst einmal sein. Einem Erwin Pröll oder einem Josef Pühringer wird die Führung ihrer Landesparteien leichter fallen als einem Josef Martinz oder Hermann Schützenhöfer, deren politischer Einfluss selbst auf Landesebene schwach, auf Bundesebene aber ganz zu vernachlässigen ist.
Umso mehr mag es dann einen Chef einer Minderheitspartei drängen, sich doch zu profilieren - wie es Schützenhöfer etwa mit seinem der Parteilinie widersprechenden Werben für eine Gesamtschule tut. Da kommt man dann vielleicht doch in die Medien.
Stimmt. Aber man verwirrt die Funktionäre und potenziellen Wähler noch mehr.
Denn der eigentliche Grund, aus dem die ÖVP über viele Regierungskonstellationen (auch und gerade in den 16 Jahren, die sie auf Bundesebene in Opposition war) in den Ländern auf ziemlich hohem Niveau ihre Bedeutung bewahren konnte, liegt in dem von vielen Menschen geteilten Bewusstsein, alles in allem für das Richtige zu stehen.
Aber genau da hapert es: Noch können die starken Landesparteien dieses Gemeinschaftsgefühl vermitteln - aber es braucht dazu immer stärkere Anstrengungen und eine immer professionelle Kommunikationsstruktur. In diesem Bereich ist in den Schüssel-Jahren durchaus etwas aufgebaut worden. Umso mehr ist das Gefühl dafür verloren gegangen, was "richtig" ist und noch mehr die intellektuelle, programmatische Begründung dafür. Schüssel war nie ein Mann der Parteiprogramme (auch wenn er sie gut verinnerlicht hatte), die Landesparteichefs haben auch nicht viel mehr Programmatik drauf als "ein Land geht seinen Weg", wie es von Niederösterreich oder von Pröll selbst doppeldeutig heißt.
Deswegen ist die Perspektivendiskussion der ÖVP wichtig. Um wirksam werden zu können, muss sie aber nicht nur städtische und ländliche Lebenswelten mit einem Band zusammenfassen - sie muss auch das Gefühl dafür stärken, dass die ÖVP bei aller Vielfalt eine konservative Gesinnungsgemeinschaft ist.