8.6.07

Was wird aus der FPÖ?

Das Spannendste, was die Freiheitliche Partei in den letzten Monaten für die breite Öffentlichkeit zu bieten hatte, war die Auseinandersetzung um ein paar Jugendbilder ihres Obmanns bei Ballerspielen in einer martialischen Freizeitkluft - samt parteiinternem Streit darum, wer diese Bilder wohl in Umlauf gebracht habe. Und ob es da vielleicht einen Zusammenhang mit dem schon wesentlich weniger medienwirksamen Streit um die Führung (und Finanzsituation) der Parteiakademie gegeben habe. In diesem Zusammenhang ist dann schließlich der Ex-Klubobmann, Ex-Landesrat, Ex-Volksanwalt und Immer-noch-Abgeordnete Ewald Stadler aus der FPÖ ausgetreten, offenbar, um einem Ausschluss zuvorzukommen.
Geht er jemandem ab? Die Frage hat im Vorfeld des Innsbrucker Parteitages noch ein paar freiheitliche Insider interessiert - immerhin hätte es ja eine kleine Rebellion der Fans des christlich-national orientierten Burschenschafters geben können.

Aber da kam einfach nichts. Heinz-Christian Strache hat sich in Innsbruck überzeugend durchgesetzt. Die FPÖ ist jetzt seine Partei - und die seiner Stellvertreter, an deren Loyalität er nicht zu zweifeln braucht.

Kann, soll, darf man die FPÖ deshalb als Thema abschreiben? Oder verlangen ihre Inhalte nicht doch nach näherem Hinsehen und Hinhorchen? Auf den ersten Blick nicht. Wenn sich die Freiheitlichen als "soziale Heimatpartei" stilisieren, dann ist das letztlich nur eine der zahlreichen Varianten ihres einen Themas: Inländer sind gut und verdienen Sozialleistungen, Ausländer passen da nicht dazu, sie verdienen auch keine Sozialleistungen. Man ist diese Masche schon so gewohnt, dass man kaum mehr hinhört, wenn Strache die Ausländer mit Motten, also Schadinsekten, vergleicht, die quasi vom Licht des Sozialstaats angezogen würden. Ein Pflichtprotest der Grünen, das war\s.

Hier ist nichts Neues, nichts in besonderer Weise für neue Wählergruppen Attraktives zu sehen. Selbstverständlich wird es auch weiterhin Wähler geben, die sich allein durch das Ausländerthema ansprechen lassen - aber dass die FPÖ als Single-Issue-Partei die von Strache explizit angepeilte 20-Prozent-Hürde nehmen kann, ist wenig wahrscheinlich. Noch dazu, wo sich Wirtschaft und Arbeitsmarkt in den letzten Monaten besser als prognostiziert entwickelt haben - was die bisher verbreiteten Ängste, von billigen Ausländern verdrängt zu werden, bei etlichen Wählern zumindest relativieren sollte.

Um die FPÖ wieder an die Erfolge heranzuführen, die sie unter Jörg Haider hatte, wird Strache mehr aufbieten müssen. Ein paar Versuchsballons hat er in seiner Parteitagsrede schon steigen lassen. Dass die FPÖ die Südtirol-Frage auf die Agenda zu setzen sucht, dürfte ein Minderheitenprogramm sein - denn diese Frage bewegt heute längst nicht mehr so wie noch in den Sechzigerjahren. Aber für konservativ und national fühlende Österreicher ist das ein auch über Tirol hinauswirkendes Signal: Seht her, der Strache spricht Themen an, die andere zu verschweigen suchen.

Wer noch weiter rechts steht - aus Straches Sicht sind ohnehin alle seine politischen Mitbewerber Linke -, wurde in Innsbruck mit den früher auch von Stadler immer wieder bemühten wehleidigen Hinweisen auf "einseitige Meinungsdiktate" und "Grenzen der Meinungsfreiheit" bedient - man muss nicht mehr sagen, das reicht schon, um Ewiggestrige zu gewinnen.

Von denen gibt es aber auch nicht genug, die FPÖ muss weitere, für jüngere Zielgruppen passende Feindbilder aufpolieren. Die angeblich drohende "EU-Diktatur" lässt sich zwar als Gespenst aufblasen, ob das im nächsten Wahlgang - turnusmäßig wäre das bei der niederösterreichischen Landtagswahl im kommenden März - aber wirklich zieht, darf bezweifelt werden. Da ist schon eher das "Abkassierertum von Rot-Schwarz" geeignet - vorausgesetzt, dass künftig Gebühren stärker steigen als die Wirtschaftsleistung. Wer die FPÖ ausbremsen will, wird ihre Parolen bei diesen Themen ad absurdum führen müssen. (DER STANDARD, Printausgabe, 4. Juni 2007)