23.2.07

Einig über die Pflege?

Seit im vorigen Sommer die Probleme mit der Betreuung pflegebedürftiger Mitmenschen wieder einmal in die öffentliche Diskussion gekommen sind, bemüht sich jeder, der für diese Probleme verantwortlich gemacht werden könnte, sie wieder vom Tisch zu bekommen. Das war unter Schwarz-Orange so, und es ist natürlich unter Rot-Schwarz nicht anders: Die Mehrheit der Österreicher ist ja nicht pflegebedürftig und auch nicht persönlich mit einem Pflegefall belastet - daher will diese Mehrheit bloß die Gewissheit haben, dass es keinen Pflegenotstand gibt, der sie selber betreffen würde.
Wer diese Beruhigungspille verabreicht, hat in der politischen Debatte gewonnen - vorausgesetzt, sie wird nicht als wirkungsloses Placebo entlarvt. Wolfgang Schüssel hat es versucht, indem er die Sache zu einem vernachlässigbaren legalen Unterschleif kleingeredet hat. Martin Bartenstein hat gleich mehrfach verkündet, das rechtliche Problem sei gelöst - und auf die finanziellen Aspekte hat man ja auch bisher nur eher von der Ferne geschaut. Erwin Buchinger versucht, seine Lösungskompetenz zu zeigen, indem er wieder und wieder eine Einigung über die Finanzierungsfragen verkündet.
Nichts davon ist unwidersprochen geblieben. Normales politisches Handwerk eben - und schön überschaubar für die politischen Akteure. Das ist einfacher, als sich detailliert damit auseinanderzusetzen, wie man den Bedarf von Demenzkranken einstufen soll oder welche Form von Unterstützung in welchem Umfang von einem behinderten Menschen benötigt wird, der sein Leben weit gehend selbstbestimmt führen will. Man ahnt bloß, dass das Eingehen auf diese Fragen anstrengend - und in letzter Konsequenz kostspielig - wäre. Da ist es billiger, ein bisserl zu streiten und dann irgendeine Einigung zu verkünden. (DER STANDARD, Printausgabe, 24./25.2.2007)