Die Stunde der linken Basis
Das also war mein Kommentar im Standard: "Alfred Gusenbauer hat sich in den sieben Jahren als Oppositionsführer wohl einen schöneren, glanzvolleren, von einmütiger Begeisterung der eigenen Gefolgschaft getragenen Start seiner Kanzlerschaft erträumt. Stattdessen gibt es Proteste, Parteiaustritte und jede Menge Ärger.
Das ist eingeübt, schließlich haben sich Gusenbauers Genossen in den vergangenen Jahren daran gewöhnt, all das, was von der Regierung kommt, mit größter Skepsis zu betrachten. Sie haben auch gelernt, wirksam zu protestieren. Jetzt geht es zur Abwechslung gegen die eigene Regierung und die eigene Partei.
Deren Spitze verhält sich aus Sicht der Basis kaum anders als es die ÖVP bisher getan hat: Wenig Diskussion über Inhalte, noch weniger über personelle Entscheidungen - dafür ein ziemlich hartes Durchziehen dessen, was man unabhängig von Wahlversprechen als unumgänglich erkannt zu haben glaubt.
So ein Verhalten hat die ÖVP-Parteibasis ziemlich lange und ziemlich leise (von gelegentlichen Ausbrüchen der Herren Fritz Dinkhauser und Erwin Pröll abgesehen) ertragen. Schließlich ging es ja um ein größeres Ganzes, um den Erfolg der Bewegung und was man sich halt sonst an Beruhigungspillen verschreiben lässt. In der SPÖ haben solche Ruhigstellungstherapien noch nicht begonnen - vor allem, weil es Gusenbauer noch nicht gelungen ist, sich selbst als erfolgreicher Kanzler zu stilisieren.
Es ist dies die Stunde der Basis und derer, die sich als ihre Vertreter wähnen: Ein Aufbegehren einer Landesorganisation, das jetzt durchgeht, wird diese Organisation auch in Zukunft stärken. Ein Basis-Netzwerk, das jetzt geknüpft wird, sollte sich auch bei künftigen Problemen aktivieren lassen. Es kann ein lebendiges soziales Gewissen der SPÖ sein. Und am Ende Gusenbauer vor Fehlern seines Vorgängers bewahren." (DER STANDARD, Printausgabe, 16.1.2007)
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