Miese Umfragewerte brauchen SP nicht zu schrecken
Und dann der Reality-Check: Da wird man mit all den rhetorischen und werbetechnischen Ansagen ernst genommen – und soll all den Unsinn umsetzen, den man in der Hoffnung auf eine gute Nachrede in der Krone und am Stammtisch so in die Welt gesetzt hat. Das geht natürlich nicht: Ein Sachzwing da, ein Sachzwang dort – und die Welt geht ihren alten Lauf, egal, wer da in der Regierung sitzt. Das hat die auf Modernisierung drängende SPÖ unter Bruno Kreisky 1970 erleben müssen, das hat die auf Systemveränderung drängende FPÖ unter Jörg Haider 2000 erleben müssen und das hat in den letzten Monaten die SPÖ des Alfred Gusenbauer schmerzlich gespürt.
Ja, natürlich: Ein bisserl was geht immer. Kreisky hat seinen Wählern nicht den Sozialismus gebracht – wohl aber eine weit gehende Öffnung der Gesellschaft. Haider hat seinen Wählern keine Dritte Republik gebracht – wohl aber eine härtere Politik gegen jene, die das System der Zweiten Republik missbrauchen, sei es im Bereich des rot-schwarzen Machtkartells oder im Komplex Sozialrecht und Migration.
Den jeweiligen Anhängern ist das stets zu wenig gewesen, den jeweiligen Gegnern viel zu viel. Damit ist auch Alfred Gusenbauers SPÖ konfrontiert. Sie konnte keines ihrer Wahlversprechen halten. Aber sie hat sie konsequent und rasch gebrochen – was ihr heute in Umfragen vorgehalten wird, wird schon in einem Jahr kein Thema mehr sein. Da wird es nicht um alte Versprechen, sondern um neue Perspektiven gehen. Und diese kann eben besser und glaubwürdiger entwickeln, wer die Früchte des Populismus geerntet hat und, nun mit Macht ausgestattet, Verantwortungsbewusstsein zeigt. Kreisky hat es vorgezeigt. Haider hat es verpasst. Gusenbauers Vorbild heißt Kreisky. Er war 13 Jahre lang Bundeskanzler.
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