21.9.08

Ist Wirtschaftskompetenz gleichgültig?

Das Wort „gleichgültig" könnte im Zusammenhang mit der bevorstehenden Nationalratswahl eine neue Deutung erfahren: Die große Mehrheit der Wahlberechtigten meint nämlich, dass zwischen den Parteien ohnehin keine großen Unterschiede bestünden – was diese oder jene Partei verspreche sei also gleich gültig. Oder auch gleich ungültig. Mehr denn je nehmen die Wähler die Kandidaten wahr, sich mit deren Konzepten auseinanderzusetzen, ist vielen Österreichern zu mühsam. Und ganz so wichtig nehmen es die Parteizentralen auch nicht mehr: Detaillierte Programme binden zu viele Kräfte, konkrete Festlegungen erschweren das Verhandeln nach der Wahl. SPÖ-Chef Werner Faymann hat schon verkündet, dass er lieber keine Koalitionsbedingungen stellen will. Da kann er nicht umfallen.

Aktuelle market-Umfragen zeigen, dass die Österreicher spüren, dass die Zeiten schwieriger werden. Nur 36 Prozent erwarten für die nächsten Monate eine positive Entwicklung, 20 Prozent dagegen eine schlechte. Der Rest ist verunsichert. Selber machen kann man ohnehin nicht viel. Und das Wenige – etwa eine private Vorsorge – ist angesichts der Kursschwankungen an den Börsen erst recht eine Quelle der Verunsicherung geworden. Im Vergleich dazu sind ein paar Cent, die eine Mehrwertsteuersenkung auf Grundnahrungsmittel bringen würden, ohnehin zu vernachlässigen.

Es geht in der Wirtschaftspolitik auch gar nicht mehr um die Abfederung der Teuerung, sondern um eine Absicherung des erreichten Niveaus an Beschäftigung, Wohlstand und sozialer Sicherheit. Wer kann das am ehesten? Die Kleinparteien werden in dieser Diskussion kaum noch wahrgenommen.

Und die großen Parteien, die – spät, aber doch – die Wirtschaft als Thema entdecken, präsentieren ihre Rezepte. Der jeweilige Mix aus wie viel Staat und wie viel privat, aus mehr oder weniger internationaler Verflechtung, aus mehr oder weniger Budgetdisziplin, ist durchaus unterschiedlich. Wenn dieser Unterschied aber von den Wählern nicht wahrgenommen wird, zählt am Ende nur, wer mehr Vertrauen gewinnt, wenn er behauptet, seine Partei sei die eigentliche Wirtschaftspartei.