Populismus um den Eurofighter
Wenn man Verteidigungsminister Norbert Darabos zuhört, wie er seine Geheimabsprachen mit dem Eurofighter-Hersteller aller Kritik des Rechnungshofs zum Trotz in großartige Geschäftsmodelle umzudeuten versucht, dann könnte er einem beinahe leid tun: Der Mann weiß es nicht besser. Und er bemitleidet sich inzwischen auch selber, wenn er in Interviews von schlaflosen Nächten erzählt; und davon, dass er sich immer wieder vergewissern muss, dass er die Eurofighter schließlich nicht selber gekauft hat.
Dabei tut der Minister so, als ob Landesverteidigung eine persönliche Angelegenheit wäre; eine, in der der Minister nach eigenen Befindlichkeiten (und vorschnellen eigenen Wahlversprechen) zu handeln hätte. Das ist Landesverteidigung aber nicht: Sie ist eine Staatsaufgabe, die vom Bundesheer und dem zugehörigen Verteidigungsministerium wahrzunehmen ist – ganz unabhängig davon, wie sich der verantwortliche Minister dabei fühlt. Das Verteidigungsministerium hat – wie der Rechnungshof in mehreren Prüfungen bestätigt hat – in einer späten, aber nachvollziehbaren und sachlich korrekten Entscheidung im Sommer 2002 den Eurofighter als das bestgeeignete Flugzeug für die Sicherung des österreichischen Luftraums gewählt. Und zwar unabhängig davon, ob diese Auswahl für Politiker und Bevölkerung besonders angenehm erschienen ist.
Tatsächlich war der Eurofighter – wie übrigens jedes andere vergleichbare Flugzeug (denkt noch jemand daran, dass die MiG-29 ernsthaft als Alternative erwogen wurde?) – stets unpopulär: Der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser hätte dem Vernehmen nach am liebsten ganz auf Abfangjäger verzichtet, die Grünen ebenso, die damals oppositionelle SPÖ hätte sich allenfalls mit einer Billiglösung arrangieren können und die FPÖ, die den Verteidigungsminister stellte, war offenbar auch nur für kurze Zeit bereit, den gemeinsam mit der ÖVP gefassten Beschluss mitzutragen.
Schon wenige Wochen nach der Typenentscheidung wurde das gesamte Paket aufgeschnürt – unter dem Eindruck des damaligen „Jahrhunderthochwassers“ und einer inzwischen ebenso vergessenen Steuerreformdiskussion. Schon in dem ersten Jahr zwischen der Typenentscheidung und dem eigentlichen Vertragsabschluss wurde getrickst was das Zeug gehalten hat.
Und von dem vorher schlüssigen Konzept blieb wenig übrig. Das Konzept besagte: Österreich müsste in einer großen Kraftanstrengung seine Luftkapazität auf modernsten Stand bringen – und diese neue Qualität auch international in die Auslage stellen. Vorgesehen waren 24 Flugzeuge, von denen man sechs auch für internationale Einsätze abstellen wollte – ein Plan, der Charme hat: An vielen Konfliktherden, an die das Bundesheer „Peacekeeper“ entsendet, ist es für Infanteristen brandgefährlich. Es ist ja bisher eher Glückssache gewesen, dass bei Einsätzen zwischen Tschad und Kosovo, dem Libanon und Afghanistan, Bosnien und dem Golan nur vereinzelt gefallene Österreicher zu beklagen waren. Könnte Österreich bei internationalen Einsätzen statt Bodentruppen Hightech-Flugzeuge für die Überwachung von Krisenregionen anbieten, dann wäre das Risiko für die Soldaten geringer und das Prestige für das Land höher.
Aber diese Option wurde schon unter der ersten schwarz-blauen Regierung zerschlagen – die Zahl der zu bestellenden Flugzeuge wurde auf 18 reduziert. Und es begann eine erste Runde von Nachverhandlungen – an deren Ende steht, dass Österreich statt 24 der besten Kampfflugzeuge der Welt 15 Stück einer deutlich schwächeren Version bekommt. Und zwar gebraucht, was weniger im Sinne Österreichs als der Herstellernationen ist, weil die Herstellerländer die ersten Flieger gerne hergeben. Sie wollen eben lieber das beste und modernste Gerät betreiben.
Immerhin wollte das die Regierung Schüssel II auch noch – obwohl der damalige Verteidigungsminister Günther Platter offenbar bereits unter dem Druck stand, bei der Beschaffung zu sparen. Die Regierung hat 2003 unter Minister Platter 18 Stück Tranche 2/Block 8 bestellt – allerdings hat man auch damals schon auf einige, ursprünglich für wichtig gehaltene Ausrüstungsteile verzichtet. Mit dem Hersteller Eurofighter GmbH wurde man sich offenbar auch deshalb rasch einig, weil die Hersteller aus politischen Gründen (populistische Politiker gibt es nicht nur bei uns, sondern auch in den Eurofighter-Partnernationen Großbritannien, Deutschland, Italien und Spanien) mit der Fertigung der technisch höherwertigen Tranche 2 gebremst wurden. Österreich wollte seine ersten Flugzeuge aber schon im Jahr 2007 haben und so wurde vereinbart: Zuerst sollten sechs Stück Block 1/Tranche 5 geliefert werden und diese sechs Flugzeuge (7L-WA bis WF) würden vom Hersteller auf dessen eigene Kosten nach der Lieferung der letzten Tranche 2/Block 8 Maschine (vorgesehen für Mitte 2009) auf diesen Standard nachgerüstet. Für Österreich ein gutes Geschäft: Käme die Eurofighter GmbH mit diesem Lieferplan auch noch in Verzug, hätte sie saftige Konventionalstrafen zu zahlen gehabt.
So wie es jetzt ausschaut, wäre dieser Fall tatsächlich eingetreten: Österreich hätte – wenn auch mit Verspätung – modernste Flugzeuge bekommen, vorher aber Millionen Euro an Pönalezahlungen kassiert.
Stattdessen hat Platters Nachfolger, der immer noch amtierende Verteidigungsminister Darabos – ohne Zuziehung von Experten – mit dem Hersteller verhandelt. Dass er dabei über den Tisch gezogen werden könnte, war ihm wohl nicht bewusst. Jetzt sind die angesprochenen Neuflugzeuge aus der ersten Tranche die technisch bestausgestatteten Flieger, dazu bekommt das Bundesheer gebrauchte Maschinen, die das pazifistische Gewissen des Ministers besänftigen mögen, bei denen aber sogar die Selbstschutzsysteme (die das Überleben der Piloten in einem allfälligen Luftkampf ermöglichen sollten) eingespart wurden. Und unter dem Strich steht fest: Österreich kommen die Einsparungen, auf die Minister Darabos so stolz ist, viel teurer als er selber zugibt.
Und es muss hoffen, dass die abbestellten Fähigkeiten der Eurofighter nicht früher gebraucht werden als uns lieb sein kann.
(Erstveröffentlichung in der Raiffeisenzeitung vom 4. September 2008)
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