17.8.05

Drachensteigen für Reiche

Was tun mit alten Drachen? Die schwedische Regierung stand Mitte der Achtzigerjahre vor dieser Frage - und kam zu der Lösung, ihre ausrangierten Saab-Draken als Übergangslösung an das Bundesheer zu verkaufen. Zehn Jahre sollten sie noch fliegen, 20 sind es geworden.
Was damals von steirischen Landespolitikern als "Uralt- Draken" oder "fliegender Sondermüll" tituliert wurde, erwies sich nicht nur als zuverlässiges Fluggerät. Es ist inzwischen hoch begehrt, wenn auch mehr als Antiquität denn als militärisches Gerät.
Zwar will derzeit niemand bestätigen, dass Dietrich Mateschitz konkret vorhat, den alten Drachen noch einmal für einige Jahre "Flüüügel" zu verleihen - zuzutrauen wäre es dem Red-Bull-Chef allerdings. Nur ein extrem wohlhabender Flugzeug-Fan in gutem Kontakt zu extrem wohlmeinenden Behörden wäre in der Lage, die historischen Flugzeuge zu betreiben: Sie müssten erst einmal demilitarisiert werden - keine Kleinigkeit bei Flugzeugen, die aufgrund ihrer Konstruktion mehr Waffen als Fluggerät sind - und brauchten anschließend eine neue Zulassung.
Und dann müsste man die Draken regelmäßig aufsteigen lassen, man müsste sie nach jedem Flug aufwändig warten, um ihre Flugfähigkeit zu erhalten, und jeden Ersatzteil selbst fertigen, weil die Draken längst Einzelstücke sind, deren Produktionsstätten stillgelegt sind - und die weltweit keiner mehr betreiben will.
In der Obersteiermark sorgt das Gerücht, die Draken würden einer privaten, in Zeltweg stationierten Red-Bull-Kunstflugstaffel zugeführt, jedenfalls für wahlkampfbedingte Aufregung - und das nicht nur wegen des erwarteten zusätzlichen Fluglärms. Dazu kommt die Frage: Was kann, was darf und was soll ein reicher Mann kaufen können, um seine persönlichen Hobbys mit entsprechendem Werberummel auszuleben? Frank Stronach hat dafür ja Beispiele geliefert: Sich im großen Stil im Fußball einzukaufen ist offenbar akzeptabel. Einen Pferdesportpark zu bauen auch - selbst wenn die Österreicher (und schon gar die Nachbarn, die gerade eben zu einem Tag der offenen Tür geladen wurden) vom Sinn dieses sportlich-geschäftlichen Großprojekts noch nicht ganz überzeugt sind. Eine ganze Weltkugel ins Industrieviertel zu bauen, war Herrn Stronach zwar nicht vergönnt, aber es gibt durchaus noch eine Reihe weiterer Projekte, die den Reichen und sehr Reichen Spaß machen könnten.
Das Bundesheer, das derzeit so schwungvoll abrüstet, könnte da ja vielleicht noch mehr anbieten als ein paar historische Flugzeuge. Da gibt es einige betagte Raketenjagdpanzer, die man dann doch nicht so dringend gebraucht hat wie seinerzeit vermutet und ein paar Dutzend vom Leopard II, der auch heute noch zu den moderneren Panzern gezählt wird.
Wäre doch ein Spaß (aufgrund der hohen Betriebskosten: ein sehr teurer Spaß), mit diesem Gerät ganz privat durch die Gegend zu kurven. Leo-Fahrer berichten von dem Kick, den man erlebt, wenn man mit dem Leo II auf eine Rampe zurast und ihn dann darüber springen lässt. Wäre ja vielleicht auch etwas für Zivilisten?
Und Abenteuerspielplätze für solche Vergnügungen könnte man vielleicht auch noch finden: Das Bundesheer hat ja große Truppenübungsplätze, die für solche Ausfahrten ganz hervorragend eingerichtet sind und die vielleicht in irgendwelchen Konstruktionen einer zivil-militärischen Partnerschaft für besondere (und womöglich besonders teuer bezahlte) Abenteuerurlaube an Wochenenden geöffnet werden könnten. Militärzelt hier, Lagerfeuer da, Panzer und Draken in Griffweite.
Große Buben mit dicker Brieftasche, die sich diese Hobbys etwas kosten lassen würden, scheint es ja ausreichend zu geben, um einen neuen Geschäftszweig zu eröffnen.
Völlig abwegig ist das nicht: In anderen Ländern sind Panzerfahrten in der Schottergrube und Mitflüge in Kampfjets gut gebuchte Touristenattraktionen. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.8.2005)